Wenn’s eng wird: Clevere Alternativen zur Kündigung für KMU
Impulse für den Umgang mit finanziellen Engpässen – bevor Kündigungen zum Thema werden.
Die Auftragslage war über Jahre stabil. Die Aufwände budgetier- und berechenbar, das Team eingespielt. Doch jetzt kippt die Situation: Weniger Bestellungen, steigende Fixkosten, unsichere Aussichten. Und mit jedem Monat die Sorge: Reicht der Cashflow noch? Fixkosten müssen reduziert werden, um das kurz- und mittelfristige Bestehen des Unternehmens zu sichern.
Gerade in KMU tragen Geschäftsleitende und Teamverantwortliche die Personalführung oft nebenbei. Wenn die wirtschaftliche Lage anspruchsvoller wird, bleibt wenig Zeit für fundierte HR-Strategien. Dieser Beitrag richtet sich an genau diese «HR-Allrounder» – und zeigt praxisnahe, rechtlich sichere Möglichkeiten auf, personelle Engpässe abzufedern, bevor Kündigungen nötig werden.
Wenn alle mitziehen, lässt sich viel auffangen
Viele Unternehmen haben erlebt: Wenn offen kommuniziert und gemeinsam nach Lösungen gesucht wird, entstehen Wege, die sonst verborgen geblieben wären. Besonders stark ist es, wenn alle ein Stück mittragen – statt einzelne allein zu belasten.
Das setzt Solidarität unter den Kolleginnen und Kollegen voraus – und Loyalität auf beiden Seiten. Folgende Möglichkeiten wurden in der Praxis erprobt und sind es wert, für das eigene Unternehmen geprüft zu werden, bevor betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden:
- Altbekannt und bewährt: Kurzarbeit
Ein bewährtes Instrument, um vorübergehende finanzielle Engpässe zu überbrücken. Das Unternehmen reduziert die Arbeitszeit, ein Teil des Lohns wird durch die Arbeitslosenversicherung gedeckt.
Praxisbeispiel: Eine Schreinerei erlebt einen Auftragsrückgang. Statt Kündigungen zu planen, meldet sie Kurzarbeit an. Die Mitarbeitenden arbeiten 40 % weniger, erhalten aber dank Kurzarbeitsentschädigung rund 80 % ihres Lohnes für die Ausfallzeit.
Rechtliche Rahmenbedingungen: Kurzarbeit muss zuerst mit den Mitarbeitenden besprochen und von ihnen schriftlich akzeptiert werden. Anschliessend ist sie beim zuständigen kantonalen Arbeitsamt anzumelden. Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung besteht nur bei temporärem, wirtschaftlich bedingtem Arbeitsausfall und für ungekündigte sowie unbefristete Arbeitsverhältnisse.
- Alternative zu gelangweilten Mitarbeitenden: Ferienbezug fördern und Mehrzeiten abbauen
Offene Ferientage und angesammelte Überstunden (Mehrzeiten) können gezielt eingesetzt werden, um ruhigere Phasen zu überbrücken. So lassen sich Lohnkosten temporär senken, ohne dass das Team auf Einkommen verzichten muss. Dies kann sowohl auf freiwilliger Basis geschehen als auch im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten geregelt werden. Vorteil: Für das Unternehmen reduziert sich die Lohnbelastung durch die buchhalterische Auflösung der Rückstellungen, während Mitarbeitende ihr volles Gehalt erhalten.
Praxisbeispiel: Ein IT-Unternehmen bittet das Team, offene Ferientage in einer ruhigen Phase zu beziehen. So werden Lohnkosten temporär reduziert, ohne dass Mitarbeitende auf Einkommen verzichten müssen.
Rechtliche Rahmenbedingungen: Der Arbeitgeber kann den Zeitpunkt von Ferien anordnen, muss dabei aber die Interessen der Mitarbeitenden berücksichtigen und eine Ankündigungsfrist (in der Regel mindestens drei Monate) einhalten.
- Sabbaticals und unbezahlte Auszeiten kombinieren
Gerade bei langjährigen Mitarbeitenden, die schon länger mit dem Gedanken spielen, kann ein Sabbatical neue Perspektiven schaffen – ohne dass sie dem Unternehmen verloren gehen. Ebenso können befristete unbezahlte Auszeiten auf freiwilliger Basis vereinbart werden, etwa zur Betreuung von Angehörigen, für Weiterbildungen oder persönliche Projekte. Wichtig ist die Absprache auf Augenhöhe.
Praxisbeispiel: Eine Mitarbeiterin möchte eine längere Reise machen. Das Unternehmen ermöglicht ihr eine unbezahlte Auszeit von zwei Monaten, um die Personalkosten zu senken und die Stelle danach wieder zu besetzen.
Rechtliche Rahmenbedingungen: Unbezahlter Urlaub ist nur mit Zustimmung beider Parteien möglich. Während der Auszeit ruht das Arbeitsverhältnis, Sozialversicherungen sind individuell zu regeln (z. B. Weiterführung der Pensionskasse auf eigene Kosten).
- Mitarbeitende an andere Firmen ausleihen
In Branchen wie dem Handwerk ist es gängige Praxis: Mitarbeitende werden temporär an andere Betriebe mit hoher Auslastung ausgeliehen. Die Arbeitsverträge bleiben bestehen – und das eigene Team bleibt langfristig erhalten. Wichtig: faire Vereinbarungen und klare Kommunikation mit allen Parteien.
Praxisbeispiel: Ein Malerbetrieb hat zu wenig Aufträge, ein befreundeter Gipserbetrieb sucht kurzfristig Verstärkung. Die beiden Unternehmen vereinbaren, dass der Maler für vier Wochen beim Gipser arbeitet.
Rechtliche Rahmenbedingungen: Das Ausleihen von Personal ist in der Schweiz zulässig, sofern die Mitarbeitenden zustimmen. Bei längerem oder regelmässigem Verleih ist eine Bewilligung als Personalverleiher nötig.
- Pensum oder Lohn befristet reduzieren
Eine gleichmässige Reduktion der Arbeitszeit für eine im Voraus definierte Periode – solidarisch getragen durch alle Mitarbeitenden oder bestimmte Teams. Diese Massnahme hilft, Kündigungen zu vermeiden. Voraussetzung: gegenseitiges Vertrauen und transparente Kommunikation. Vorteil: Die Teamstruktur bleibt erhalten – und mit ihr Know-how und eingespielte Abläufe.
Praxisbeispiel: In einer Marketingagentur einigen sich alle Teammitglieder auf eine temporäre Reduktion ihres Pensums um 20 %, um Kündigungen zu vermeiden. Nach sechs Monaten wird das ursprüngliche Pensum wiederhergestellt.
Rechtliche Rahmenbedingungen: Jede Änderung des Arbeitsvertrags (Pensum, Lohn) muss schriftlich vereinbart werden. Eine einseitige Reduktion durch den Arbeitgeber ist nicht zulässig.
Auch das kann helfen – wenn nicht heute, dann morgen
Nicht jede Massnahme bringt sofortige finanzielle Entlastung. Aber viele schaffen Bewegung, Perspektiven und manchmal auch stille, aber nachhaltige Veränderungen. Zwei weitere Möglichkeiten, mit aktuell unterforderten Mitarbeitenden sinnvoll umzugehen:
- Kundenpflege intensivieren
Mitarbeitende mit weniger Auslastung können gezielt in die Kundenbindung eingebunden werden – etwa durch persönliche Nachfassaktionen, Angebotsnachbereitung oder die Ausarbeitung neuer Dienstleistungsideen gemeinsam mit bestehenden Kunden.
- Interne Projekte priorisieren
Gibt es Prozesse, die lange aufgeschoben wurden? Ideen, die nie Zeit hatten? Jetzt ist der Moment, solche Themen aufzugreifen und Mitarbeitende gezielt einzubinden – sei es in der Digitalisierung, der Dokumentation oder der Prozessoptimierung.
- Know-how intern weitergeben
Mitarbeitende mit langjähriger Erfahrung können in ruhigeren Zeiten jüngere Kolleg:innen einarbeiten, internes Fachwissen dokumentieren oder gezielte Schulungen durchführen – und so zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit beitragen.
Der Schlüssel: Wie kommuniziert wird
Basis all dieser Massnahmen ist eine ehrliche, wertschätzende Kommunikation mit den Mitarbeitenden. Wer zu spät oder zu vage informiert, riskiert Misstrauen. Wer stattdessen offen über die Lage spricht, Sorgen ernst nimmt, Fragen zulässt und gemeinsam nach Lösungen sucht, gewinnt:
- Vertrauen
- Zusammenhalt
- Respekt
Wichtig ist, den Dialog nicht nur top-down zu führen, sondern aktiv zuzuhören. Mitarbeitende haben oft gute Ideen – und manchmal mehr Verständnis, als man denkt.
Gegenseitige Loyalität zeigt sich genau dann, wenn’s eng wird – und man füreinander einsteht.
Und wenn es doch nicht anders geht?
Manchmal sind Kündigungen trotz aller Bemühungen unausweichlich. Dann kommt es umso mehr auf einen respektvollen, durchdachten Offboarding-Prozess an. Denn: Die Mitarbeitenden, die bleiben, beobachten genau, wie ein Unternehmen sich von Kollegen trennt. Die Art der Kommunikation und der Umgang mit Betroffenen beeinflussen die gesamte Stimmung im Betrieb.
Ein gutes Offboarding kann helfen, Unsicherheit zu reduzieren und Vertrauen zu erhalten:
- Frühzeitige und persönliche Gespräche statt formeller Schreiben
- Klare, nachvollziehbare Gründe nennen
- Wertschätzung ausdrücken für die geleistete Arbeit
- Hilfe bei der Neuorientierung anbieten (z. B. Kontakte, Referenzen, Begleitung, finanzielle Unterstützung für ein externes Out- / Newplacement)
- Den letzten Arbeitstag aktiv gestalten – ein ehrlicher Abschied ist oft besser als ein stiller Abgang
So bleibt auch nach einer Trennung ein Stück Vertrauen erhalten – und manchmal sogar die Tür für eine Rückkehr offen.
Gemeinsam Lösungen finden – auch in schwierigen Zeiten
Wir begleiten KMU nicht nur bei der Personalsuche, sondern stehen auch beratend zur Seite, wenn es um den Umgang mit schwierigen personellen Fragen geht.
Von aussen sieht man oft klarer. Und manchmal hilft ein Gespräch, um neue Möglichkeiten zu entdecken. Sprechen Sie mit uns. Wir hören zu. Nehmen Sie unverbindlich mit uns Kontakt auf: Entweder telefonisch unter 061 853 03 03, per Mail an info@steck-hr.ch oder über unser Kontaktformular.